„Sei brav, sonst kommt das Christkind nicht!“

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Kennst du diese Drohung aus deiner Kindheit? Ist sie vielleicht so tief verankert, dass es dir schon passiert ist, die Bezeichnung „brav“ mit den traditionellen Geschenken zu Weihnachten in Verbindung gebracht zu haben? Wenn ja, dann sei nicht zu streng mit dir selber, die Tatsache, dass es dir auffällt, ist schon ein Schritt in eine neue Richtung. Hier bekommst du Impulse und Alternativen, Gedankenanstöße und Vorschläge, die (nicht nur vor Weihnachten) helfen können, bedingungslose Liebe vor Belohnung (und Bestrafung) zu stellen. Damit kreierst du ein positives Selbstbild und den Selbstwert deines Kindes und legst so einen wichtigen Grundstein.

Ich bin richtig. Ich bin wertvoll.

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Wir alle haben früher oder später gelernt, uns sozialen Diktaten zu unterwerfen, mit Normen zu leben und uns so zu verhalten, wie die Gesellschaft es verlangt. Das ist soweit nicht schlimm, wenn es alters-, typ- und temperamentgerecht gelungen ist. Viel wahrscheinlicher ist es, dass die Sozialisierung so ablief wie bei mir: „Wenn du nicht parierst, dann…..!“ Also in Form von Drohung, Angstmache und dem typischen Machtgefälle, das aus früheren Generationen übernommen wurde und immer noch da ist. Das Gegenteil davon wäre „Ich bin richtig, wie ich bin.“ „Ich bin wertvoll für die Familie, für die Gesellschaft.“ Um den Selbstwert zu gestalten, braucht es vor allem LIEBE. Bedingungslose Liebe.

Liebe ohne Bedingung und Drohung

Wenn das Kind das Licht der Welt erblickt oder es für Eltern endlich möglich wird, ein Kind in Pflege oder Obhut bei sich aufzunehmen, dann ist es da, das Gefühl der Liebe. Wir wollen das Beste für dieses Wesen, das so unverbogen und frei ist, das so ohne Vorurteile auf die Welt zugeht und so neugierig einfach alles erkunden will. Wir dürfen täglich daran wachsen, diese Liebe zu fühlen, denn es sind unsere eigenen Erfahrungen und tiefen Prägungen, die sich dann unbewußt an die Oberfläche drängen, wenn es hektisch und stressig wird: Wenn Fremdbestimmung und Ohnmacht uns vereinnahmen, dann tritt das zutage, was wir selber ganz früh erfahren haben.

Da die meisten von uns selbst zum Gehorsam erzogen wurden, tragen wir auf die eine oder andere Weise unsere persönlichen Verletzungen, Bindungsmuster und Traumata in uns.

Linda Syllaba, Die Schimpf-Diät

Das eigene Trauma ist auch einer häufigsten Gründe fürs Schimpfen (Meckern, Zurechtweisen), das war eines der Ergebnisse der Recherche für das Buch „Die Schimpf-Diät“ und sorgt unbehandelt dafür, dass wir genau diese Verhaltensweisen, die uns antrainiert wurden, auch weitergeben.

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Was ist BRAV?

„Was ist denn dieses „brav sein“? Wie soll ich anders sein? Was meint Oma damit?“

E. 6 Jahre

Aussagen wie diese von meiner Tochter beschäftigen mich dann meist lange, denn es macht deutlich, wie sehr Kinder sich betroffen fühlen und generalisierte Meldungen auf sich beziehen. Oma meint es bestimmt nicht bewußt böse, wenn sie den Kindern suggeriert, sie hätte sie gern „brav“. Und dennoch bleibt beim Kind, es sei nicht richtig, so wie es ist und das Kind sucht nach dem Fehler bei sich. Wie schlimm muss sich das anfühlen, wenn das Kind nicht „nur“ von sich denkt, es sei nicht gut genug, sondern auch noch für etwas bestraft werden soll, in dem wir Geschenke verwehren. Oder zumindest Drohungen in diese Richtung aussprechen. „Wenn du nicht brav bist, kommt das Christkind nicht!“ „Das Christkind bringt nur braven Kindern Geschenke!“ Das ist echt hart.

Unerfüllte Erwartungen

Ganz oft äußern sich eigene Erwartungen unverhofft heftig. Eines meiner härtesten Learnings:

Meine Erwartungen sind nicht die meiner Kinder.

Das gilt es anzunehmen….. dann wird es leichter!

Der nächste Schritt – zurück zu Weihnachten, Ostern und ähnlichen Anlässen, die untrennbar mit Geschenken in Verbindung gebracht werden – hören wir doch endlich auf, die wunderbare Vorfreude, die magische Zeit und die Kraft von Wünschen den Kinder damit zu verderben, sie zu bedrohen. Es sind nur ganz wenige Jahre, in denen das „funktioniert“, denn Kinder können sehr früh erkennen, wann es sich um leere Drohungen handelt und dabei ist es dann völlig egal, ob sie noch ans Christkind glauben oder ob sie die Geschenke von Menschen erwarten.

Wer droht und es dann nicht wahr macht, ist unglaubwürdig. Wer es durchzieht und straft, weil ein Kind nicht den eigenen Erwartungen entspricht, hinterläßt tiefe Wunden und Traumata. So oder so ein sehr unguter Weg.

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Was wollen wir mit der Drohung vor Weihnachten (oder Ostern) erreichen?

Am Ende ist es einfach – wir wollen angepasste Kinder, die sich nach Schema F verhalten, funktionieren und alles hinnehmen, ohne zu hinterfragen. Und wir wollen selber nicht der „Bad Cop“ sein, also schieben wir den Weihnachtsmann, Nikolo, das Christkind oder ähnliche mystische Charaktäre vor….

NEIN? Dann lassen wir sie doch Kinder sein!

Zuhören, annehmen, akzeptieren anstatt zu bewerten, zu manipulieren, zu drohen und zu bestechen. Kinder brauchen Verständnis, Empathie und Liebe! Wie wir alle…. genau das dürfen wir jeden Tag vorleben und es ihnen so als Basis für ein erfülltes, ehrliches Leben mitgeben.

Was andernfalls passiert, ist traurig, denn es kann nur Verlierer geben: Durch Androhungen verlieren wir das Vertrauen, die Verbindung, die Liebe, den Respekt und die Würde.

Alternativen statt Drohung, Strafe und Abwertung

Die einzige Möglichkeit, da raus zu kommen, ist bei sich selber anzufangen. Traumen annehmen und aufarbeiten. Einen neuen Weg, eine neue Haltung finden und einnehmen, in dem wir die Kinder so begleiten, dass sie einfach nur Kind sein können, statt ständig das Gefühl zu bekommen, (noch) nicht richtig zu sein oder anders werden zu müssen. Im Hinblick auf Geschenke heißt das: Werde dir klar darüber, was und wieviel zu schenken kannst du möchtest. Gehe dabei auf die Wünsche des Kindes ein, soweit du magst und schenke. PUNKT. Ohne wenn und aber. Lass dich ein auf die Vorfreude, auf die Vorbereitung und auf die Freude beim Kind. Egal, wie „anstrengend“, „frech“ oder „unangepasst“ sein Verhalten war…… Das Geschenk soll in keinster Weise eine Belohnung oder Bewertung darstellen, sondern darf vom Wunsch bis zur Übergabe nur aus Freude bestehen!

Aber wie geht es denn nun? Die Antwort lautet einmal mehr: durch bedingungslose Liebe. Damit wir die aufbringen können und uns ihr vor allem in hektischen, anspruchsvollen Zeiten gut bewußt werden, braucht es Achtsamkeit. Und zwar immer, so dass es echte Routine wird: zuerst zuhören, annehmen und dann reagieren. „Das ist mir zu brutal!“ „Das ist mir zu laut!“ „Ich möchte das so nicht!“ „Das ist meine Grenze!“ Mit Botschaften aus der eigenen Gefühlswelt lasse ich andere Menschen teilhaben und ich kann sehr deutlich (!!!) sagen, was ich gerade nicht gut aushalten kann, ohne andere abzuwerten. Gern auch laut, solange die Kommunikation auf Augenhöhe geschieht.

Impuls:

Nimm dir immer wieder mal kurz Zeit und schau mit ganz liebevollen Augen auf dein Kind. Finde heraus, was du an ihm schätzt, und erzähl ihm davon.

Die Schimpf-Diät, 2019, Beltz Verlag

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