HIER SCHREIBT ALVA. EHRLICH UND ECHT – AUS DEM LEBEN MIT KINDERN & MIT DEM NÖTIGEN SCHUSS HUMOR:
Manchmal habe ich das Gefühl, dass mein Leben mit den drei Mädchen ein ständiges Abwägen von Situationen ist. Eine fällt hin, eine muss aufs Klo. Trösten oder Hose runter ziehen helfen? Das ist hier die Frage. Oder beide schnappen und umarmen während dem Hose runterziehen?
Aber auch wenn es um die eigenen Entspannungsmomente geht, müssen Prioritäten gesetzt werden. Die Kinder spielen in der Badewanne Schiffe versenken. Will ich danach eine Stunde Bad putzen und eine Wäschetrommel voll Handtücher, die ich benötigen werde, um die Überschwemmung aufzusaugen, waschen als Preis für 20 Minuten Ruhe? Oder werde ich das vom Vorzimmer aus belauschte Vorhaben im Keim ersticken und bei ihnen sitzen bleiben bis sie gewaschen und gebügelt sind?
Und auch wenn es darum geht, etwas Neues zu erlernen, Hausübung zu machen. Als Mama von Drei braucht es, wenn ich einer etwas zeigen möchte, ein Alternativprogramm für die Anderen.
Oder man probiert es mit allen zusammen, das sieht dann in etwa so aus.
Meine Große war bei einer Freundin eingeladen. Und da meine Mittlere noch nicht wirklich Rad fahren kann, hab ich beschlossen, das an diesem Tag in Angriff zu nehmen und die Jüngste mit ihrem Laufrad einfach nebenher rollen zu lassen.
Bis ich die richtigen Helme im Kasten gefunden habe, hatten die Kinder die Barbiekiste umgekippt und mit der Playmobilkiste vermischt, dreimal gestritten und sich versöhnt und eine Kissenschlacht gemacht.
Bis ich die richtige Größe der Helme eingestellt habe, musste die Kleinere zwei Mal aufs Klo und hat sich die Socken, die ich ihr mühseligst angezogen habe, wieder ausgezogen.
Die Räder im Keller waren wenigstens in einem Top Zustand und ich ersparte mir das Aufblasen der Reifen.
Ich trug sie unter strenger Beobachtung von meinen Kindern nach oben und war der Überzeugung, nun kann es losgehen. Die Kleine nahm sich das Laufrad, setzte sich drauf, schaute in die Luft und kommentierte ihre nächste Handlung mit den Worten: „Upps, ich hab ja gar keine Windel an.“
Nein, natürlich hatte sie keine Windel an. Seit Wochen nicht mehr. Also sperrte ich die eben verschlossene Haustür wieder auf. Schnappte die Kleinste und lief mit ihr wieder nach oben, um sie komplett umzuziehen. Als wir wieder ins Stiegenhaus zur wartenden Mittleren kamen, hatte diese beschlossen, dass der Helm kratze, unangenehm war, ebenso wie die Jacke, darum musste sie sich von beidem entledigen.
Es dauerte etliche Minuten mütterliche Überredungskunst, ihr beides wieder anzuziehen. Aber dann ging es los. Kaum im Hof angekommen, hatte die Mittlere Durst und die Kleine keine Lust mehr. Ich überredete die Mittlere dazu, dass sie es eine Runde probierte und die Jüngste, dass sie einfach versuchte, hinter uns herzukommen. Ich rannte also hinter dem Lillifeefahrrad her, als ich einen Freudenschrei hinter mir vernahm: „Mama!!! Da sind Himbeeren!“
In Windeseile ratterte mein Hirn. Und die Gedanken überschlugen sich: Nein, wir hatten keine Himbeersträucher im Garten. Nein, es war nicht Himbeersaison. Was könnte meine Jüngste gefunden haben? Gab es giftige Beeren, die mir bis jetzt verborgen geblieben waren? Und wie zur Hölle sollte ich das Mädi aufhalten, sich diese einfach in den Mund zu stecken?
Ich rannte immer noch und schrie über meine Schulter: „ Nicht essen, ich komme schon!“ Meine Mittlerer erschreckte sich bei dem Gebrüll so, dass sie das Gleichgewicht verlor und wackelte, dabei ließ ich offenbar das Rad los und sie kippte mitsamt dem Rad um. Und heulte los. Die Kleine stimmte von Weitem in das Geheule mit ein, weil sie auf mich warten musste, bevor sie ihre vermeintliche Lieblingsbeere in den Mund stecken durfte. Und ich heulte beinah vor lauter „Alleszusammen“. Und war verschwitzt. Und entnervt. Wir brachen das Experiment Fahrrad vorerst ab, schleiften die Räder und uns nach Hause und backten stattdessen einen Kuchen.
Dieser Tag hat aber bei mir und meinen Kindern einen völlig unterschiedlichen Eindruck hinterlassen. Denn als die Große am Abend nach Hause kam und fragte wie unser Tag gewesen war, wollte ich gerade von dem Desaster erzählen, als die Kleineren wild durcheinanderschrien: „Super!“ „Wir waren Radfahren!“ „Ich war so tapfer, weil ich gestürzt bin.“ „Und ich hab mich angeludelt.“ Und dann unisonso: „Es war soooooo lustig.“ Okay, na dann. Find ich das natürlich auch.