GASTBEITRAG
Eltern haben es schwer. Wir müssen uns über so viele Dinge Gedanken machen und manchmal wissen wir nicht einmal, was die beste Lösung wäre. Ich kenne diese Entscheidungsmüdigkeit, wenn ich am liebsten die Augen zumachen und abwarten würde, bis irgendjemand die Auswahl für mich trifft.
Aber da ist niemand. Ich bin jetzt die Erwachsene. Ich kann die Augen nicht verschließen. Natürlich kann ich „sie nicht alle retten“ – und dennoch halte ich es für meine Pflicht, das zu tun, was ich kann. Meine Ausreden als solche zu enttarnen. Den ersten Schritt zu gehen. Und einen weiteren. Und dann noch einen. Es ist nicht wichtig, wo ich anfange – Hauptsache, ich fange an.
Verschliess die Augen nicht! Nachhaltigkeit fängt bei dir an.
Entscheidungen zu treffen, wenn der Tag lang war, ist anstrengend. Bei diesen Entscheidungen auch noch die Auswirkungen auf andere Menschen und auf unsere Erde zu beachten, noch mehr. Das, was uns selbst betrifft, scheint erst mal wichtiger und das ist ja auch legitim – die eigenen Probleme sind immer die größten. Nur werden die Probleme des Planeten leider früher oder später unsere eigenen. Deutschland hat im letzten Sommer, als alle über die Hitze jammerten, eine Dürre erlebt. Es hat letztes Jahr einfach zu wenig geregnet, die Getreideernte ist um ein Viertel geringer ausgefallen, Wasserwerke produzierten weniger Strom, weil nicht genug Wasser durch die Flüsse lief, Schiffe auf dem Rhein durften nur noch zu 40% beladen sein, weil sie sonst auf Grund gelaufen wären. Und wir haben nichts davon bemerkt, weil bei uns immer noch genug sauberes Trinkwasser aus dem Wasserhahn kommt. Das heißt aber nicht, dass die Probleme nicht da wären. Wir können die Augen nicht für immer verschließen und wir können uns auch nicht dauerhaft damit herausreden, dass Kinder haben doch so stressig genug ist. Das ist es manchmal. Und wir tun ja schon so viel, um unseren Kindern eine Kindheit zu ermöglichen, die sie im Erwachsenenalter nicht noch mühevoll aufarbeiten müssen. Und doch: Wenn wir uns um die Zukunft unserer Kinder sorgen, müssen wir uns die Zukunft des Planeten kümmern. Alle nach ihren Möglichkeiten.
Natürlich können wir in unseren Entscheidungen nicht immer sämtliche Faktoren abwägen – viele kennen wir ja auch gar nicht. Aber wir können Entscheidungen nach bestem Wissen und Gewissen treffen. Es ist egal, ob wir die perfekte Lösung gefunden haben, solange wir wieder einen Schritt weiter gegangen sind. Beim nächsten Mal wissen wir mehr.
Wir können Entscheidungen nach bestem Wissen und Gewissen treffen.
Niemand steht am Müllcontainer und kontrolliert unseren Plastikmüll. Niemand schaut in unsere Kleiderschränke und hinterfragt die Herkunft unserer Hosen. Am Ende müssen wir uns nur vor uns selbst rechtfertigen. Und vor unseren Kindern, wenn sie irgendwann fragen: „Und was hast du getan?“.
Du bist Vorbild. Immer. So „lernen“ Kinder Nachhaltigkeit
Kinder verstehen unheimlich viel. Sie sehen, dass in der Natur überall Müll herumliegt. Sie wollen wissen, warum im Himmel überall Flugzeuge fliegen. Kinderfragen zu beantworten – ehrlich zu beantworten -, ist der erste Schritt. Wir können unsere Kinder an unseren Entscheidungen teilhaben lassen. Natürlich dürfen wir nicht die ganze Verantwortung auf unsere Kinder abwälzen; die haben immer noch wir Erwachsenen. Aber wir können unseren Kindern beibringen, wie man Müll trennt. Wir können sie mitnehmen, wenn wir in den Unverpackt Laden gehen. Wir können ihnen zeigen, wie viel Spaß Bahnfahren macht, weil wir Eltern da nicht vom Straßenverkehr abgelenkt sind. Wir können erklären, warum wir weniger oder gar kein Fleisch essen wollen. Und wir können unsere Kinder mitnehmen, wenn wir wählen gehen.
Alle Welt redet davon, dass Kinder „Konsequenzen“ brauchen, aber niemand erzählt ihnen, welche Konsequenzen unser unreflektierter Konsum hat. Ich glaube schon, dass wir Kindern den Glauben an eine gute Welt bewahren sollten. Kinder brauchen Hoffnung, wir sollten sie nicht mit all dem Schrecklichen belasten, das tagtäglich in der Welt geschieht. Und ich denke auch nicht, dass Kinder die Last der Entscheidung für ein ökologisches Leben tragen sollten. Aber ich denke, dass Kinder auch ein Recht darauf haben, zu wissen, dass es Dinge gibt, die nicht unter schönen Bedingungen hergestellt wurden oder für die Lebewesen sterben mussten. Das abstrakte Wissen reicht meiner Meinung nach vorerst, solange die Kinder nicht konkret nachfragen. Und dann braucht es Alternativen. Das Kind will Smarties essen, wir wollen aber Nestlé nicht unterstützen? Vielleicht gehen ja auch die Schokolinsen aus dem Unverpackt-Laden. Das Kind hat unbändigen Hunger auf HotDog? Vielleicht muss es ja nicht vom dubiosen Bratwürstchenstand am Hauptbahnhof sein, sondern es gehen auch (Tofu-)Würstchen und Brötchen aus dem nächsten Biomarkt. Nach der Kita muss es ein Quetschie sein? Vielleicht macht es ja auch Spaß, die Zutaten selbst auszusuchen und zu Hause im Mixer einen eigenen Smoothie herzustellen (das ist sowieso viel gesünder!). Für unterwegs gibt es auch spülmaschinengeeignete wiederverwendbare Quetschiebeutel. Wir müssen unseren Kindern nicht alles verbieten, aber wir dürfen sie zu bewussterem Konsum anregen und Alternativen zeigen. Ausnahmen sind absolut in Ordnung! Es sind ja letztendlich einfach Kinder. Wir haben ein Recht darauf, auch mal schlechte Entscheidungen treffen zu dürfen, weil gerade etwas anderes Priorität hat. Keine Familie ist perfekt. Aber wir können oft viel mehr leisten, als wir uns vorstellen können.
Wir müssen unseren Kindern nicht alles verbieten, aber wir dürfen sie zu bewussterem Konsum anregen und Alternativen zeigen.
Das was wir unseren Kindern vorleben, wird für sie zur Normalität. Nachhaltigkeit muss nicht anstrengend sein. Wir müssen einfach nur immer wieder hinterfragen, was wir tun und konkret überlegen, was wir verändern könnten. Wenn wir uns einfach Schritt für Schritt auf den Weg in ein nachhaltigeres Leben machen, dann werden diese Veränderungen auch in Zukunft ein Teil unseres Alltags bleiben. Es geht nicht um perfekte Lösungen – einfach nur um einen Zustand, der nicht viel schlimmer ist als jetzt. Denn der Klimawandel hat bereits begonnen. Wir können ihn nicht mehr aufhalten. Aber die nächsten 12 Jahre werden darüber entscheiden, wie schlimm die Auswirkungen sein werden und wir haben sowohl als Konsument*innen, als auch als Wähler*innen sehr viel Macht. Lasst sie uns nutzen – für die Zukunft unserer Kinder.