Oh Tannenbaum – Warum der Weihnachtsbaum im Topf weniger nachhaltig ist, als wir denken

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Eine schöne, besinnliche und sehr alte Tradition, wie den Weihnachtsbaum über Board zu werfen fällt schwer. Allerdings wird Jahr für Jahr zurecht die Sinnhaftigkeit diskutiert: Ein Baum wird gefällt und nach rund 4 Wochen weggeworfen…. das klingt nicht so nachhaltig, oder? Wer allerdings das Strahlen der Augen von Kindern kennt, wenn es am 24. Dezember endlich soweit ist und die Kerzen leuchten, kann sicher wahrscheinlich schwer mit dem Gedanken anfreunden, gar keinen Baum zu haben. Damit zumindest kein chemisch überdüngter Tannenbaum im Wohnzimmer landet, ist etwas Recherche notwendig. Wie gelingt es, einen Weihnachtsbaum zu bekommen, der nachhaltig gewachsen ist? Fragen wie diese schwirren mir seit Jahren im Kopf herum. Gefühlt an jeder Ecke und hinter jedem 3. Punsch-Stand gibt es Tannen zu kaufen. Aber woher kommen sie eigentlich?

GIBTS ES NACHHALTIGE WEIHNACHTSBÄUME?

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Wo wachsen unsere Tannen?

Diese und andere Fragen habe ich einem Forstwirt gestellt, der auf rund 1200m Höhe in der Steiermark, Österreich, eine kleine Tannenkultur bewirtschaftet. Wolfgang Moder arbeitet im Einklang mit der Natur, den Jahreszeiten und verzichtet auf giftige Schädlingsbekämpfungsmittel und andere Chemikalien, die den Ertrag und den Profit steigern würden. Seine Antworten sind im folgenden Beitrag zusammengefasst.

Das wichtigste Merkmal in punkto Nachhaltigkeit ist die Herkunft der Tanne: Wo der Tannenbaum gewachsen ist, verrät die Schleife am Baum, denn dort ist der Erzeuger vermerkt. In Netz kann man gut nachvollziehen, woher der Baum kommt. Seit Tannen nicht mehr von weit her werden müssen, ist grundsätzlich weniger Chemie nötig, da die Wege kurz sind. – Was leider nicht bedeutet, dass ohne chemische Behandlung gearbeitet wird.

Früher wurden die beliebten Nordmanntannen aus Dänemark importiert, heute ist die Bewirtschaftung in heimischen Kulturen ähnlich der in Dänemark: Das beginnt schon bei der chemischen Bodenbehandlung, damit kein Gras wachst! Die Bäume werden ebenso chemisch behandelt, um Schädlingen vorzubeugen. Damit werden große Waldflächen gewinnbringend bewirtschaftet und die Erträge gewährleistet und gesteigert. Die Vermarktung wird damit einfacher: hohe Stückzahl und geringerer Preis machen wettbewerbsfähig…

Forstwirte mit kleinen Kulturen müssen im Schädlingsbefall den Baum sofort schneiden, damit die Vermehrung eingedämmt werden kann. Wenn eine Tanne betroffen ist, die kurz vorm Verkauf gestanden wäre, ist das eine Gewinnminderung oder sogar ein Verlust.

TIPP: HIER kannst du die Herkunft der Tannen nachverfolgen

Bei Christbäumen, die in der Stadt gekauft werden, besteht weniger Auswahl. Wer am Land lebt und auch regelmässig an Baum-Kulturen vorbeikommt, sieht vieles noch bewusster. 

Forstwirt Moder, Steiermark

Wer täglich an Wäldern und Baumkulturen entlang fährt und vielleicht sogar die Forstwirte und Bauern in der Region persönlich kennt, kann bewußt(er) entscheiden, wo er kaufen will.

Sind Topf-Tannen weniger nachhaltig als man glaubt oder es einem glauben gemacht wird?

Topf-Planzen zu mieten ist ein Trend geworden! Der Preis ist so kalkuliert, dass Ausfälle bereits berücksichtigt sind:  etliche Bäumchen werden den Topf nicht überleben und nach dem Retourbringen weggeworfen werden! Der simple Grund: Tannen sind Tiefwurzler, die Wurzeln sind schon nach etwa 1 Jahr rund 60-70cm tief im Boden. Demnach müssen spezielle Züchtungen oder mit aggressiven Düngern behandelte Sorten für die Topf-Kulturen verwendet werden.

In heimischen Christbaumkulturen gibt es unterschiedliche Baum-, sogar Tannenarten, um den Kundenwünschen so gut wie möglich zu entsprechen. Lange Nadeln, kürzere Nadeln, dunkel- oder hellgrün sind dabei Entscheidungskriterien. In den Wald zu gehen, zahlt sich also aus!

Wie kann man die Haltbarkeit der Tanne positiv beeinflussen?

Die Tanne gerade nachschneiden, nicht zuspitzen, damit er Wasser saugen kann. Nur die Rinde kann saugen. Wenn kein Wasserständer vorhanden ist, kann man den Weihnachtsbaum mit einem Wasserzerstäuber besprühen und so länger frisch halten, auch wenn er in einem beheizten Raum steht.

Was kann man im Anschluss mit dem Baum machen? 

Die eingesammelten Bäume werden üblicherweise in Fernwärme-Heizwerken gehäckselt und verbrannt, dort hin kommen Bäume, die von der städtischen Müllabfuhr eingesammelt werden. Christbäume, die am Markstand übrig bleiben werden oft auch zu Brennstoff verarbeitet, selten werden Bauern- oder Pferdehöfe mit einzelnen Bäumen beliefert, damit sich die Tiere daran kratzen oder die Nadeln knabbern können. Bereits vor Weihnachten wird Reisig geschnitten. Kränze und Gestecke aus Tannenreisig werden auch für traditionelle Begräbnisse verwendet – für diese Zwecke finden auch oft Resttannen noch Gebrauch.

Bei kleinen Tannen-Kulturen ist der Bedarf überschaubar, kurz vor Weihachten werden Bäume nur mehr „ab Kultur“ verkauft und so bleiben meist keine Bäume übrig. Noch ein Grund mehr, bei kleinen Höfen zu kaufen!

Upcyling-Ideen für die Weihnachtsbaum:

Kleider-Tanne: Nach Weihnachten die Tanne abschmücken und die Äste bis auf etwa 15cm zurückschneiden und trocknen lassen. Den Baum auf eine Platte montieren – daraus entsteht zum Beispiel ein schöner Kleiderständer.

Badezusatz: Die Tannennadeln (von unbehandelten Bäumen) kann man als Badezusatz verwenden. Rund 100g Nadeln dafür mit kochendem Wasser aufgießen, 15 Minuten ziehen lassen und den Sud in ein Vollbad gießen.

Äste: In Scheiben sägen und trocknen lassen. Aus Astscheiben kann man kleine Deko-Stücke basteln oder sie einfach so als Streudeko auf den Tisch legen. Etwas grössere können auch als Kerzenständer oder Glasuntersetzer dienen.

Kälteschutz für Töpfe und Beete: Reisigäste vom Baum abschneiden und flach auf die Blumen-Beete und -Töpfe legen. Das hilft über strengend Frost im Jänner und Februar.

Tannen-Duft-Kerze: Kernenreste zusammen mit den Nadeln des Weihnachtsbaumes zu Kerzen gießen. Hier findest du die Anleitung für die nachhaltige Duftkerze!

Good to know – Warum der Klimawandel dem Weihnachtsbaum schadet:

Mit ein Grund, warum Tannen so beliebte Weihnachtsbäume sind, ist, dass sie ihre Nadeln nicht verlieren: Die Tanne nadelt nicht, weil sich das Harz in der Rinde befindet. Bei Fichten ist das Harz in „Harzgallen“. Fichtenrinden trocknen und weil das Harz fehlt, passiert es, dass sie nadelt.

Die Ruhephase der Bäume beginnt mit dem ersten Frost. Werden Tannen stark gedüngt, damit sie schneller die gewünschte Größe erreichen. Mildes, frostarmes Herbstwetter machen den Tannen zu schaffen! Die Winterruhe setzt aufgrund zu hoher Temperaturen nicht ein und wird ein „aktiver“ Baum dann für den Verkauf am Weihnachtsstand gefällt, kann es passieren, dass die Tanne „falsch reagiert“, sobald sie im geheizten Wohnzimmer steht und die Nadeln abfallen.

Wer kennt’s nicht: Die Christbaum-Entscheidung ist oft nicht einfach 

Wir Kunden tragen die Verantwortung: Umsetzen können wir es, indem wir auch natürlich gewachsene Bäume kaufen, die nicht so „perfekt“ aussehen, wie ein Weihnachtsbaum im Märchen.

Oder einfach komplett auf einen ganzen Baum verzichten und einen großen Reisig-Ast festlich schmücken und über den Tisch oder an die Wand hängen!

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Fotos: Wolfgang Moder

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3 thoughts on “Oh Tannenbaum – Warum der Weihnachtsbaum im Topf weniger nachhaltig ist, als wir denken

  1. Vielen Dank für den Beitrag zum Thema Tannenbaum im Topf. Mein Onkel möchte einen Christbaum kaufen und möchte einen nachhaltigen Anbieter finden. Gut zu wissen, dass man den Erzeuger an der Schleife am Baum ablesen kann.

  2. Danke für diesen Beitrag, bei uns gibt es zwar schon seit letztem Jahr keinen Weihnachtsbaum mehr, weil wir uns selbst eine Alternative gebastelt haben, aber die Upcycling-Ideen find ich richtig cool – vor allem die Idee für den Badezusatz 🙂

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